Bundesminister Bahrs Forderung, die Mitglieder der Krankenkasse in Deutschland an den derzeitig erwirtschafteten Überschüssen teilhaben zu lassen, kann durchaus als ein wahlkampftaktisches Manöver gesehen werden (vergleiche auch den Audiokommentar von Stephan Ueberbach). Setzt man derzeit den Wert (wie in den Medien genannt) 16 Milliarden Euro, die “überschüssig” sind, ins Verhältnis zum Gesamtumsatz, so kommt man auf magere neun Prozent – eine “Rendite”, die manch einem Anteilseigner an der Börse wohl eher ein Lächeln denn Begeisterungsstürme abringen würde. Somit hört sich die ganze Aktion also schön an und kann hervorrangend medienwirksam verwendet werden – doch täuscht dieses “mediale Trommeln”.
Nach wie vor haben wir ein grundsätzliches Problem in unserem Gesundheitssystem. Auf der einen Seite haben wir die umlagenfinanzierten Gesetzliche Krankenversicherung (GKV); auf der anderen Seite die rücklagenbasierte Private Krankenversicherung (PKV). Beide Konzepte haben ihre eigenen, hausgemachten konzeptionellen Schwierigkeiten: Was bei der GKV die konjukturelle Abhängigkeit (und von deren positiver Entwicklung entstammt auch derzeit die hohen Mittelbestände bei den Kassen) ist, ist bei der PKV die Ausdünnung der Versicherungskohorten. Diese Probleme sind systeminherent, fußen auf gesetzlichen Grundlagen und werden mit noch so viel Geld im jeweiligen System nicht neutralisiert werden können.
In der Forstwirtschaft hat man dies schon länger erkannt: Reinkulturen sind gefährlich und können systemkritisch werden, wenn ein entsprechender externer Einfluss (z. B. Borkenkäfer) auftritt. Diese ökologische Erkenntnis auf die Ökonomie der Krankenkassen zu übertragen ist nicht besonders schwierig: Jede Form der Reinkulutur einer Finanzierung der Krankenversicherung wird unter bestimmten Umständen gefährlich werden. So bleibt dem Bürger aktuell derzeit nahezu nur, sich zwischen “Pest” oder “Kollera” zu entscheiden. Es ist also ein Imperativ, diese “Monotonie der Finanzmittelbeschaffung” mittel- bis langfristig abzulösen. Da kommen aus meiner Sicht die Überschüsse der gesetzlichen Krankenkassen derzeit gerade recht: Sie erlauben es den Kassen, sich weg vom strengen Umlagensystem zu entwickeln, das praktisch auf ein “Nullsummen-” bzw. “Verteilungsspiel” hinausläuft. Sie können dadurch Rücklagen bilden, um weiter in Richtung eines kapitalgedeckten Finanzierungssystem zu kommen. Dies ist aktuell eine seltene Chance für die Branche, denn in wirtschaftlich schlechten Zeiten ist aufgrund der Einkommenslage nicht zu denken.
Also, Herr Bundesminister: Nicht zurückzahlen, sondern umbauen!